Sonntag, 30. März 2014

Von Dubai nach Laos - Teil 1

Von Dubai nach Laos

Wir hocken am Flughafen Dubai herum und gähnen schon länger um die Wette. Bisher haben wir kein Auge zugekriegt, geschweige denn etwas Schlaf bekommen.
Schlaf ist was für Weicheier ! - Dummerweise sind wir Weicheier. Und Warmduscher, versteht sich.

In der "Winston Smoker's Lounge" treffen wir eine Frau aus Dortmund, die gerade aus Australien zurückkehrt. Aha. Dann kann's da ja schon mal nicht so doll gewesen sein.
Danach drängt es uns zu einem stillen Örtchen, das im quirligen Dubai-Lufthafen garantiert nicht still sein wird.
Toiletten gibt es reichlich. Leider gibt es der Bedürfnisanstaltbedürftigen noch viel reichlicher. Erste Örtlichkeit: Rappelvoll. Nächste Lokalität: Rappelvoller. Nächster Lokus: Aus allen Nähten platzend. Wie wir. Oje...
Allah hat ein Einsehen: Ein freier Sitzplatz erscheint plötzlich wie von Zauberhand; vielleicht dank des Geistes meiner mitgeschleppten Colaflasche.
Ah, sehr schön: Die typische kleine Reinigungsdusche für die Minuten danach. In Dubai sogar mit hautsympathisch warmem Wasser.
Sowohl beim Betreten wie beim Besitzen staune ich über die verdächtige Sauberkeit der Lokalität. Nach der Erhebung verstehe ich, wieso: Sofort spurtet ein Bediensteter in die Kabine und derwischt.
Wenn ich da so an unsere Autobahnraststätten denke...

Die Maschine nach Bangkok ist maximal halbvoll. Kein Wunder, denn kaum jemand ist so blöd, mit einem Flieger loszujuckeln, der um Mitternacht am Suvarnabhumi Airport aufsetzt.
Wir schon !
Der Flug ist einfach nur angenehm; wir können uns ausbreiten, sogar die Beine ausstrecken. Bei den Flugbegleitern muss es sich jedoch um Leiharbeiter handeln: Das Bordpersonal ist freundlich, aufmerksam und zuvorkommend. Hoffentlich merkt das keiner bei der Emirates-Geschäftsleitung. So geht's ja schließlich nicht !
Ich mache reiche Beute: Sechs Minicoladöschen ! Ha !
Wir marschieren über den blauen Teppich aus dem Flieger, schlendern zum Einwanderungs- und Visaausgabebereich, der trotz der frühen Stunde ziemlich überfüllt ist. Wir steigen sicherheitshalber diskret über eine Absperrung und sind dadurch nach nur zwei Minuten Wartezeit an der Reihe.
Das erste Thai-Lächeln der Beamtin begrüßt uns; mit Zahnspange.
Wir warten nicht auf's Gepäck; wir gehen rauchen. Das darf man natürlich nicht - den Hochsicherheitsbereich verlassen und dann einfach wieder reinkommen. Natürlich versuchen wir es dennoch. Nee, klappt nicht. Also warten wir doch auf's Gepäck.
Wie IMMER ist unser Gepäck das allerletzte, das auf dem Kofferrundreiseband auftaucht.
Immerhin taucht es auf. Raus ! Den ersten Atemzug nehmen und "Ha ! Bangkok !" sagen. Bangkok riecht nämlich absolut eindeutig; eine Mischung aus Jasmin, Smog und Bangkok.
Heute nicht ! Jasmin ist da, Smog ist da, Bangkok ist da - aber da ist noch etwas... Es riecht nach Essen !
Wir bekommen Hunger...
Nichts da, erst zum nächsten Flughafen, Don Mueang. Ein kleinerer Flughafen, über den in erster Linie Kurzstreckenflüge abgewickelt werden.
Wir latschen zur Shuttlebus-Haltestelle.
SELBSTVERSTÄNDLICH befindet sich die Haltestelle am von uns weitest gelegenen Ende des Abfahrtbereiches. Wie immer.
Wir wuchten uns mitsamt Gepäck gen Haltestelle.
Der Bus fährt. Dummerweise nur nicht jetzt. Erst wieder um 5 Uhr morgens. Unsere Maschine flattert um 6 ab.
Einfache Rechnung: 5 Uhr Abfahrt + 1 Stunde Fahrtzeit + 1 Stunde Stauzeit = Flieger verpasst.
Sch...ön. An der Haltestelle schaut auch eine Thai etwas betreten in die Gegend. Sie fragt uns, ob wir auch nach Udon Thani wollen. Wollen wir. Sie auch; völlig überraschend.
Ein Taxi muss her. Die Thai fragt, ob wir uns ein Taxi teilen wollen. Wollen wir. Die Thai heiß Aow, ist 40 Jahre alt, lebt in Maryland in den USA, ist dort mit einem Ami zerheiratet, jetzt wieder in Thailand, da ihr Vater starb.
Wir irren auf der Suche nach der richtigen Etage zum Taxischnappen durch den Flughafen. Erst hoch; zu hoch. Dann wieder runter; zu tief. Eine Etage höher; zu mittig. Irgendwann finden wir den Taxistand und treffen auf Buddha.
Zumindest sieht der gute Mann so aus, 110 %ig. Aow übernimmt die Preisverhandlungen, Buddha gibt uns allen die Hand.
ALARM !!!
Merke: Wenn Dir in Thailand ein Fremder die Hand gibt oder Dich "My friend" nennt, wirst Du abgezockt. Immer !
Aow weiß das nicht, war schon seit 15 oder 20 Jahren nicht mehr in Thailand.
Ich weiß das. Aber Buddha wirkt einfach durch und durch sympathisch. Ach, lassen wir uns einfach abzocken; Hauptsache, wir kommen gut und pünktlich am Schnabelhafen an. 450 Baht kostet der Spaß, also rund 11 Euro.
Dafür werden wir über eine Stunde lang durch die Gegend geschaukelt; die beiden Flughäfen liegen nämlich ordentlich weit auseinander.
Wie weit kommt man in Deutschland mit 11 Euro im Taxi ?
Daher kann man sich bei einigen Dingen durchaus ein wenig abzocken lassen; der Schaden ist oft gering.
Am Morgen hätten wir übrigens etwa drei Stunden gebraucht, verrät uns Buddha. Die Staus hätten in letzter Zeit gewaltig zugenommen.
Wir müssen noch 100 Baht drauflegen, da wir drei Mautstationen zu passieren haben. Das blüht uns in Deutschland demnächst mit Sicherheit auch.
Woher ich das weiß ?
Kein Mensch aus dem Volk will das, es richtet schlimmen finanziellen Schaden bei uns an. Und solche Sachen werden bekanntlich immer durchgezogen. Siehe Euro, siehe Griechenlandhilfe. Die Maut kommt. Hand drauf.
Wir kommen gut an. Kein Summen der Motoren, kein nasser Asphalt bebt. Der Flughafen hat schließlich Nachtruhe.
Wie der Nachtwächter, den wir passieren und der mit offenem Munde schnarchend auf seinem Wachstuhl eingepennt ist. Thai Style.
Rolltreppe aufwärts, das kleine Flughafenrestaurant hat geöffnet. Klasse !
Das Wort "Flughafenrestaurant" lässt in Deutschland immer Schlimmes erahnen: Unglaublich schlechtes Essen bei unglaublich gepfefferten Preisen; quasi als Ausgleich.
In Thailand ist das ähnlich; nur sind die Preise nicht gepfeffert und das Essen ist nicht schlecht.
Wir bestellen "Phad Tai" - das mehr oder minder offizielle Nationalgericht Thailands.
Ich zweifele daran, dass es schmecken könnte; schließlich sind wir im Flughafen.
Ich zweifele falsch: Das Essen ist richtig klasse ! Mein erstes Phad Tai, dem noch einige folgen sollen.
Als wir wieder gehen, bedanke ich mich für das gute Essen. Ich kann einfach nicht anders.
Zur Toilette, das Übliche erledigen. Und danach brav die Hände waschen.
Auf der blitzblanken Thai-Toilette lohnt sich das wirklich erst hinterher. Bei uns in Deutschland ganz unbedingt vorher und nachher. Und am besten auch noch währenddessen.
Ich sage nur ein Wort, dem das puren Grauen innewohnt: Rastplatztoilette.
Ein Thai-Polizist in Uniform wäscht sich auch gerade die Hände; ich suche nach einem Handtuchspender oder einem dieser Händeföns. Nix da. Ich spreche den Polizisten an, möchte fragen, wo man hier Handtücher bekommt.
Er dreht sich um und hat Zahnseide zu beiden Seiten aus dem Mund heraushängen; bis zum Kragen hinab.
Ich kann nicht anders: Ich zeige mit dem Finger auf die Zahnseide und brülle vor Lachen.
Der Polizist stutzt, versteht, zeigt selbst auf die Zahnseide und brüllt mit mir zusammen vor Lachen. Nach einer halben Minute beruhigen wir uns, ich frage nach Handtüchern, die Amtsperson schüttelt den Kopf, dann heftig die Hände. Ah, verstehe ! Flughafen - also einfach Flugbewegungen machen.
Wir grinsen uns noch einmal an, ich verneige mich leicht und gehe.
Stellen Sie sich die Situation mal in Deuschland vor. Damit wäre meine Weiterreise wohl gestorben gewesen. Nicht in Thailand.
Wir verabschieden uns von Aow; sie muss doch nicht nach Udon Thani; wir hatten uns anfangs falsch verstanden.
Das fiese Durchleuchtungsspiel (auch "Es nützt nicht das Mindeste, wiegt leichtgläubige Passagiere aber in absolut trügerischer Sicherheit" genannt) beginnt mal wieder: Rucksack auf's Band, ich marschiere durch den Rotlicht-Piep-Bogen. Nichts passiert. Und das bei mir. Es piept nicht! Das Ding muss kaputt sein. Sonst piept es bei mir immer. Leute, die mich kennen, werden das sofort bestätigen.
Da stimmt was nicht...
Ah, ich wusste es doch: Mit meinem Rucksack ist mal wieder irgendetwas.
Noch Munition drin ? Ein Schweizer Messer ?
Nö. Die berühmten Flüssigkeiten sind's mal wieder. Seitlich eine kleine Flasche Cola, halbvoll. Die ziehe ich eben schnell weg. Aber da ist noch mehr: Eine der Beutecoladöschen aus dem Flieger ist noch drin. Die schaffe ich nicht mehr.
Ich deute auf den Mülleimer, mache ein fragendes Gesicht. Eine Thai nickt, ein Thai schaut die Thai an, schaut mich an und meint: "May I hebb ?" ("Kann ich die haben ?")
"For sure" I say with a Grinsen in the face. Der Thai lächelt und verneigt sich.
Ich sage mit unheilvoller Stimme: "But be careful... It will EXPLODE !!!"
Die Thai und ich halten uns die Bäuche vor Lachen. Alle zeigen mir "Daumen hoch" !
Ich ebenfalls. Wir lachen noch einmal und winken uns zu, ehe ich weitergehe.
Stellen Sie sich diese Situation mal in Deuschland vor. Dass nicht die GSG9 nebst zwei Terrorbekämpfungseinheiten und Bombenräumkommandos anrückte, wäre auch alles...

Wir laufen über rosa Teppichboden Richtung Gate. Alles ist ruhig, es gibt zwei Kaffeebuden und die üblichen Krimskramsstände. Im Gegensatz zu deutschen Flughäfen alles absolut bezahlbar. Und im Gegensatz zu deutschen Flughäfen mit freundlichen Leuten hinter den Ständen.
Wir hauen uns in ein paar Polstersessel und zapfen illegal ordentlich Saft aus zwei Steckdosen. Keinen interessiert's. Warum auch. In Deutschland wäre das Geschrei natürlich wieder groß gewesen.
Das Boarding beginnt, wir stürmen noch schnell zu "Black Canyon Coffee", Holger holt sich einen Schwarztalkaffee, ich einen Graugraftee.
Ich weiß nicht, wie es die Thai hinkriegen; aber das Wasser in meinem Becher hat garantiert mehr als 200 Grad. Unglaublich, wie man Wasser so heiß bekommen kann. Der ganze Flughafen muss unter extremem Hochdruck stehen; wie ein Dampfkochtopf. Anders ist das nicht zu erklären.
Den Tee schaffe ich nicht mehr, bis wir am Gate an der Reihe sind. Ich habe gute 250 Milliliter extrem superhypermegagigagefährliche Flüssigkeit in der Hand, die ich mit an Bord nehmen will. ALARM !!! - In Deutschland, klar. In Thailand deutet man nach meinem fragenden Blick mit einem antwortenden Blick auf den Teebecher und meint: "Sure you can take it in the plane."
Also take ich's. "No pobem."
Wir latschen in den Schnabelflieger. Wir fliegen nämlich mit "Nok Air". "Nok" bedeutet Schnabel. Und den haben die Maschinen auch vorne am Bug aufgemalt: Ein drolliger, lachender Comic-Vogelschnabel, mit Zunge. Die Maschinen sehen einfach nur süß aus.

Wir taken seat. Die ganze Maschine ist proppevoll mit Thais und Laoten. Und zwei Farangs ("Langnasen", also Ausländern), uns halt.
Das Flugpersonal lacht die ganze Zeit, grinst durch die Gegend, kichert beim Vorführen der Sicherheitseinrichtungen, die bei einem Absturz keiner Sau was nützen. Die Thai wissen das natürlich und machen sich einen Spaß draus. Wir auch; wir grinsen mit.
Der Nok-Vogel fährt an. Falschrum, nämlich rückwärts. Ah, denke ich mir, der dreht jetzt. Nö. Der fährt die ganze Zeit rückwärts, bestimmt einen Kilometer weit. Schneller und schneller. Neuer Flugzeugtyp, ein Rückwärtsstarter ? Oder hat Nok Air mal wieder Piloten bei der Formel 1 abgeworben ?
Offenbar. Nach dem Kilometer Rückärtsfahrt geht der Flieger in die Eisen. Ich bin mir nicht sicher; aber das hat doch gequietscht, oder ?
Der Kapitän dreht den Vogel. Nein; er legt einen Powerslide hin. Haha ! Das gibt's einfach nur in Thailand !
Wir rollen, nein, wir brettern zur Startbahn; der Pilot schneidet jede Kurve, driftet um die Ecken. Mit einem Passagierflugzeug ! Ich habe Spaß für zehn !
Die Kabinenmädels auch. Richtig Stimmung an Bord !
Wir preschen an; der Käpt'n gibt nicht Vollgas, sondern "voll Kette". Es wuchtet uns in die Sitze, die Raumflugsimulatoren der NASA sind ein feuchter Dreck dagegen. Röhrend wie ein brunftiger Hirsch donnern wir in den Morgenhimmel. Wir wissen jetzt auch, wie man sich an Bord eines Senkrechtstarters fühlt. Viel hätte dazu nämlich nicht gefehlt.
Der Sonne entgegen.
Die geht nämlich gerade auf.

Ein paar Fotos (viel ist's nicht):

Ein Teil meiner Coladöschenbeute

Kein Witz: Es handelt sich allesamt um ABSOLUT IDENTISCHE Koffer ! Da wollten Passagiere aber mal so richtig individuell auftreten.


Süß, ne ? Habe ich bei http://nomadicsamuel.com geklaut.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen